Die Geschichte von der Gräfin...

....die sehr, sehr alt wurde, weil Sie eine Lebensgeniesserin war.

Sie verliess nie das Haus, ohne zuvor eine Hand voll Bohnen einzustecken. Sie tat dies nicht etwa, um die Bohnen zu kauen, schon gar nicht, um sie irgendwo einzupflanzen. Nein, Sie nahm sie, um so die schönen Momente des Tages bewusster wahrzunehmen und um sie besser in Erinnerung behalten zu können. Jede positive Kleinigkeit, die Sie tagsüber erlebte, z.B. einen fröhlichen Klatsch auf der Straße, das Lachen eines Kindes, ein köstliches Mahl, eine fantasievoll gekleidete Frau, einen schattigen Platz in der Mittagshitze, einen rücksichtsvollen Mitmenschen, für alles, was die Sinne erfreute, ließ Sie eine Bohne von der rechten in die linke Jackentasche wandern. Manchmal waren es gleich zwei oder drei.

Abends saß Sie dann zu Hause und zählte die Bohnen aus der linken Tasche. Sie zelebrierte die Minuten, lauschte dabei inniger Musik. So führte Sie sich vor Augen, wie viel Schönes Ihr an diesem Tag widerfahren war und freute sich. Und sogar an einem Abend, an dem Sie bloß eine Bohne zählte, war der Tag gelungen - hatte es sich zu leben gelohnt.